Freitag, 10. Oktober 2008

Hightech-Labor statt Budenzauber

Der Laie wundert sich, der Fachmann staunt: Heute äußerte sich der Trainer des VfB Stuttgart, Armin Veh, über die Kölner Scouting-Methoden: "Die Kölner machen es uns vor. Das ist erstklassig", geriet der schwäbische Meistermacher ins Schwärmen.

Gemeint ist das neue "SportsLab", das von Christoph Daum beim 1. FC Köln installiert wurde. "Wir sehen Sportslab als ein modernes Fußball-Labor, in dem nicht nur medizinische Daten oder Tracking-Ergebnisse ausgewertet werden sollen. Heutzutage ist es eine Pflicht, alle technischen Möglichkeiten zu nutzen, um zukünftig wettbewerbsfähig zu sein", erklärt FC-Manager Michael Meier die Devise des neuen Scouting-Systems. 17.000 Spieler sind auf 15 Terabyte großen Festplatten des 1. FC Köln gespeichert. 25 Studenten werten dabei Videoanalysen, Spielstatistiken und Datenbanken akribisch aus. Erste "Errungenschaft" des neuen Systems ist Pedro Geromel (Bild rechts), der jüngst vom kicker als der beste Innenverteidiger der ersten Bundesliga geadelt wurde. „Bei Geromel hat unser portugiesischer Student die erste Empfehlung gegeben", erzählt Sportlab-Leiter Boris Notzon nicht unberechtig mit ein wenig Stolz.

Professionelle Strukturen in Sachen Spieler-Scouting scheinen nun also endlich Einzug gehalten zu haben am Geißbockheim. Wie der 1. FC Köln seine vermeintlichen Superstars vor gar nicht allzu langer Zeit aufspürte, lässt sich am Beispiel der Arweladze-Brüder anschaulich darstellen. Denn in den neunziger Jahren schaffte es der FC tatsächlich, zwei der drei Brüder zu verpflichten. Leider die beiden mit dem geringsten Talent, wie sich später herausstellte. Zunächst geriet Rewas Arveladze in den Blickpunkt der Kölner, als er 1993 bei einem Kölner Hallenturnier für Dinamo Tiflis groß auftrumpfte. Der FC machte schnell Nägel mit Köpfen und verpflichtete den Budenzauberer für die Profi-Abteilung. Leider entpuppten sich seine Leistungen unter freiem Himmel als große Seifenblase, die nach nur sieben Spielen von Rewas für den FC platzte. Wenige Jahre später versuchten die Kölner erneut ihr Glück, diesmal mit Rewas' Bruder Archil Arweladse (von 2000 bis 2003). Allerdings wurde auch diesmal auf das falsche Pferd gesetzt. Nach nur 29 Spielen für den FC war auch für Archil Arweladze (Foto) Schluss im Rheinland. Der eigentliche Star der Familie Shota Arweladze, der Zwillingsbruder von Archil, fiel beim "Würfelbecher-Scouting-Spielchen" der kölschen Talentsichter leider nie auf das Spielbrett. Schade, eigentlich. Der Mann mit dem eingebauten Torinstinkt hätte bestimmt für Furore sorgen können: 258 Profi-Tore stehen für Shota Arveladze zu Buche, die er für Teams wie Ajax Amsterdam, Glasgow Rangers oder AZ Alkmaar erzielte.

Wer hätte damals gedacht, dass es eines Tages heißt: "Die Kölner machen es uns vor. Das ist erstklassig." Die Geschichte des kölschen Zwiespaltes, ob ein gewisser Laurent Blanc oder ein Christian Dollberg verpflichtet werden soll, kramt effzeh. nun gar nicht heraus.

(Foto: news.bbc.co.uk)

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ein sehr schöner Bericht, der dem FC-Fan das Herz aufgehen lässt. Aber nur eine Kleinigkeit am Rande, die dem geneigten Leser Augenschmerzen verursacht: Es heißt um Gottes Willen nicht "Terrabyte", sondern "Terabyte". Mit "Terra" wie "Erde" hat das ganze absolut nichts zu tun!

Matthias

Anonym hat gesagt…

grossartig, bald steht der FC wieder da wo er hingehört...
FC '78!!
Jens
berlinstartup.de

Anonym hat gesagt…

@Jens: Ein 30-jähriges Revival ist momentan wohl noch nicht zu erwarten, aber anscheinend laufen die Dinge gerade in die richtige Richtung, wie es ausschaut.

@Matthias: Danke für deine warmen Worte und Schande für diesen Tippfehler auf unser Haupt. Hier etwas Balsam für deine Augäpfel: "Die Vorsilbe Tera stammt aus dem Griechischen und bedeutet Ungeheuer. Ein Terabyte entspricht 1000 Gigabytes. ;-)

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